Chinese Boxing – Die Kunst der inneren Energie im Kampf

Chinese Boxing, auch bekannt als Chinesisches Boxen oder unter dem chinesischen Namen "Chung-Kuo Chuan" (中國拳) – was wörtlich „Chinesische Faust“ bedeutet – ist eine komplexe und tiefgreifende Kampfkunsttradition. 


Mehr als Technik: Eine Lebensschule mit innerer Tiefe

Philosoph Lao-Tse:
„Nichts ist weicher und nachgiebiger unter dem Himmel als Wasser. Doch nichts ist besser für das Angreifen des Festen und Starken.“

Was ist Chinese Boxing wirklich?

Im Westen wird der Begriff oft als Boxing mit dem modernen westlichen Sport assoziiert, was jedoch irreführend ist: Chinese Boxing ist keine Sportart, sondern ein ganzheitliches System für Kampf, Selbstkultivierung und Energiearbeit – entwickelt für reale, kompromisslose Situationen, nicht für den sportlichen Wettkampf.

Mehr als Technik: Eine Lebensschule mit innerer Tiefe
Während westliches Boxen auf Faustschläge und äußerliche Kraft fokussiert ist, basiert Chinese Boxing auf der Idee der inneren Kampfkunst (Internal Martial Arts). Dies bedeutet: Die Bewegungen entstehen nicht bloß durch Muskelkraft, sondern durch das bewusste Lenken und Nutzen von innerer Energie (Qi).

Ein zentraler Aspekt ist das Tan Tien (Dantian) – das Energiezentrum des Körpers, das sich unterhalb des Bauchnabels befindet. Fortgeschrittene Schüler lernen, den gesamten Körper aus diesem Zentrum heraus zu bewegen. Das führt nicht nur zu effizienteren Bewegungsabläufen im Kampf – wie besserer Kraftübertragung, Stabilität und Reaktionsgeschwindigkeit – sondern auch zu einem tiefen Verständnis des eigenen Körpers.

Die Fähigkeit, „locker zu sein“ ist dabei keine Nebensache, sondern essenziell. Nur wer körperlich entspannt und mental gesammelt bleibt, kann auch in Konfliktsituationen klar und präzise handeln. In diesem Sinne ist Chinese Boxing auch ein Weg zu innerer Ruhe, Gelassenheit und mentaler Stärke.
Die Frage „Was gen au ist Chinese Boxing?“ ist nicht leicht zu beantworten – zumindest nicht in einem Satz. Chinese Boxing ist keine einzelne Stilrichtung, sondern ein Überbegriff für verschiedene chinesische Kampfkünste, die sich durch einen gemeinsamen inneren Ansatz auszeichnen: die Meisterung von Energie, nicht bloß von Technik.

Nicht jeder Kampfstil, der aus China stammt oder sich mit Energie beschäftigt, ist automatisch Chinese Boxing. Entscheidend ist eine bestimmte philosophische Grundlage und die Anwendung einer Reihe von Prinzipien, die auf Energiebeherrschung im Kampf ausgerichtet sind. Diese Prinzipien wurden von Sifu Kai Sai (Christopher G. Casey), einem westlichen Meister mit tiefem Verständnis für die inneren Kampfkünste, systematisch herausgearbeitet. Er erkannte in verschiedenen alten Stilen einen gemeinsamen „Kern“ – und destillierte daraus zehn fundamentale Prinzipien:

Die Zehn Prinzipien des Chinese Boxing
Rooting – Erdung durch vollständige Entspannung und Verwurzelung des Körpers für maximale Stabilität.
Yielding – Niemals gegen Kraft kämpfen, sondern mit ihr fließen.
Sticking – Kontakt aufnehmen und halten, um Kontrolle über den Gegner zu erlangen.
Centeredness – Balance bewahren und den Schwerpunkt des Gegners manipulieren.
Six-Nine Theory – Die Kunst des ständigen Wandels: flexibel bleiben, nie fixiert angreifen.
Unitary Theory – Maximale Kraft durch harmonisierte Bewegung des gesamten Körpers.
Projection – Wandlung innerer Energie (Qi) in zielgerichtete, äußere Kraft.
Line and Angle – Effektive Nutzung von Winkeln und Linien für Effizienz und Verteidigung.
Body State – Einheitliches Körpergefühl zur freien Energienzirkulation und vollen Kraftentfaltung.
Mind-Hit – Kontrolle über den mentalen Raum im Kampf: Fokus, Täuschung, Klarheit.

Diese Prinzipien bilden das Herzstück des Chinese Boxing – eine universelle Methodik, die sich unabhängig vom Stil anwenden lässt. Ob Tai Chi Chuan, Bagua Zhang oder Xing Yi Quan – nur wenn diese Stile gemäß der Prinzipien unterrichtet und praktiziert werden, zählen sie zum eigentlichen Chinese Boxing. Chinese Boxing ist somit keine Stilrichtung, sondern eine Qualität der Ausführung und eine philosophische Ausrichtung im Umgang mit Energie.


Viele Praktizierende ahnen die Tiefe ihrer Kunst, nutzen sie aber nur zu einem Bruchteil ihres Potenzials. Wahres Chinese Boxing ist deshalb selten – doch wer sich ernsthaft mit seinen Prinzipien beschäftigt, kann den Weg zur Meisterschaft in Energie und Bewegung beschreiten. Es ist ein Weg, der mit den Jahren nicht an Kraft verliert, sondern an Tiefe gewinnt.




  Sifu Manfred Steiner – Das Vermächtnis eines wahren Meisters


Sifu Manfred Steiner (†) war einer der herausragenden Vertreter der inneren chinesischen Kampfkünste im deutschsprachigen Raum. Über viele Jahrzehnte hinweg widmete er sich mit außergewöhnlicher Tiefe und Hingabe der Erforschung, Praxis und Lehre des Chinese Boxing – mit einem besonderen Fokus auf den inneren Prinzipien von Energie, Struktur, Bewusstsein und Gelassenheit im Kampf.


Sein Weg begann in den 1970er-Jahren mit verschiedenen asiatischen Kampfkünsten wie Karate und Judo, doch bald zog es ihn zu den inneren Systemen Chinas: Tai Chi Chuan, Bagua Zhang und Xing Yi Quan. Früh erkannte er, dass die eigentliche Kraft im Unsichtbaren liegt – in der Arbeit mit dem Inneren, mit der Haltung, dem Atem, der Absicht und dem Fluss der Energie.


Eine prägende Rolle spielte dabei sein Lehrer, der legendäre Sifu Kai Sai (Christopher G. Casey), ein westlicher Meister, der tief in die chinesischen Kampfkünste und ihre verborgenen Prinzipien eingetaucht war. Unter dessen Anleitung studierte Manfred Steiner nicht nur die äußeren Techniken, sondern vor allem die zehn fundamentalen Prinzipien der Energiebeherrschung, die das Wesen des Chinese Boxing ausmachen.


Sifu Manfred Steiner war nicht nur ein Praktiker, sondern auch ein Denker, ein Lehrer im besten Sinne – klar in der Sprache, tief im Verständnis, und stets darum bemüht, das Wissen seiner Lehrer in verantwortungsvoller Weise weiterzugeben. Seine Art zu unterrichten war geprägt von Wertschätzung, Präzision und einem tiefen Verständnis für die Prozesse, die sich im Inneren des Übenden vollziehen.


Er verstand es, Brücken zu bauen – zwischen Tradition und Gegenwart, zwischen asiatischer Philosophie und westlicher Lebenswelt. Dabei blieb er stets bescheiden und konsequent auf der Suche nach dem Wesentlichen: dem inneren Kern der Bewegung, der Energie, des Seins.


Mit dem Tod von Sifu Manfred Steiner hat die Kampfkunstwelt eine außergewöhnliche Persönlichkeit verloren. Doch sein Vermächtnis lebt weiter – in seinen Schülern, in seiner Lehre, in den Prinzipien, die er verkörperte und weitergab.


„Wirkliche Meisterschaft liegt nicht im Tun, sondern im S
ein.“

In diesem Geist führen wir sein Werk fort – mit Respekt, Verantwortung und tiefer Dankbarkeit.

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